Mareike Wiening

Mareike Wiening Photo
Mareike Wiening, Photo: Nadine Targiel

Biographie

Mareike Wiening (* 21. August 1987 in Herzogenaurach) ist eine deutsche Jazzmusikerin.

Geboren im fränkischen Erlangen begann Mareike Wiening ihr musikalisches Leben zunächst am Klavier. Danach folgte die Querflöte und der Gesang bevor sie mit 15 Jahren schließlich zum Schlagzeug wechselte. Frühe Erfolge waren etwa das Bundesjugendjazzorchester, Jugend Jazzt und das IASJ Meeting (Leitung Dave Liebman) in Sao Paulo, Brasilien. Mareike hat einen Bachelor of Music von der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Mannheim, vom Rytmisk Musikkonservatorium Kopenhagen und einen Master of Music von der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Mannheim. Sie ist zweifache Stipendiatin des DAAD und hat dadurch ebenfalls einen Master of Music der New York University. Zu ihren Lehrern und Förderern zählen namhafte Musiker wie Stefon Harris, Michael Küttner, Tony Moreno, Guillermo Klein, Henry Cole und Marilyn Mazur.

Mareike Wiening hat sechs Jahre in Brooklyn, New York gelebt und gearbeitet. Seit 2019 pendelt sie zwischen Amerika und Köln. Neben ihrer freischaffenden Tätigkeit als Jazz-Musikerin in verschiedenen internationalen Projekten und Ensembles in New York und Europa, leitet sie ihr eigenes Jazz-Quintett. Mit dieser Band spielt sie ausschließlich ihre Kompositionen, mit denen sie ihre bisherigen musikalischen und persönlichen Erlebnisse verarbeitet und erzählt.

Die Band besteht aus Mareikes langjährigen musikalischen Partnern: Rich Perry am Saxophon (Maria Schneider, Village Vanguard Orchestra), Glenn Zaleski am Klavier (Ravi Coltrane), Alex Goodman an der Gitarre (1. Platz beim Montreux Wettbewerb) und Johannes Felscher am Bass (Roman Rofalski).

Nach ihrem weltweit erfolgreich Debüt-Album Metropolis Paradise ist am 12. November 2021 ihre zweite CD Future Memories (Greenleaf Music) erschienen.

Ausser zahlreichen Konzerten und Tourneen in ganz Deutschland und Dänemark, Frankreich, Schweiz, Slowenien, Norwegen, Litauen, Brasilien und USA gab Mareike Wiening Workshops und Konzerte u.a. in der Carnegie Hall, Blue Note NYC, Jazzgallery NY, Jazzclub Unterfahrt, A-trane Berlin, New York Winterjazzfest, Atlanta Jazzfestival, Elbjazz Hamburg. Außerdem wirkte Mareike bei zahlreichen Musical- und Theateraufführungen in Europa und bei Off-Broadway Shows in New York City, mit. Zusammengearbeitet hat sie mit namhaften Musikern wie John Zorn, Stefon Harris, Dan Tepfer, Dayna Stephens, Fabian Almazan, Johannes Enders, Adrian Mears, Ben Wendel uva. Sie ist Kulturförderpreisträgerin ihrer Heimatstadt Herzogenaurach und des Landkreises Erlangen-Höchstadt. Sie nahm als Stipendiatin am international renommierten Jazz-Meeting „Banff“ in Kanada teil und belegte den zweiten Platz bei der Audition des Theolonius Monk Institute of Jazz in Los Angeles. Mareike ist MEINL-Endorserin für Becken und Sticks.

Aktuelles Album

Mareike Wienig - Future Memories

Mareike Wienig - Future Memories

Mareike Wiening - Schlagzeug
Rich Perry Tenor - Saxofon
Glenn Zaleski - Piano
Alex Goodman - Gitarre
Johannes Felscher - Bass

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Oft stellt sich die Frage, wie man mit dem zweiten Album an ein erfolgreiches Debütalbum anschließen kann und will. Setzt man auf das gleiche Konzept? Oder sucht man nach Wegen, um eine neue Facette des musikalischen Schaffens aufzuzeigen?

Für die in 1987 in Erlangen bei Nürnberg geborene Schlagzeugerin Mareike Wiening stellt sich eine ganz andere Herausforderung. Kurz vor der Aufnahmesession des Debütalbums Metropolis Paradise mit ihrem New Yorker Quintett brach sich der Pianist Glenn Zaleski den Ellenbogen und Dan Tepfer sprang für ihn ein. So kommt es, dass das zweite Album, Future Memories, mit Rich Perry (Tenorsaxofon), Alex Goodman (Gitarre), Johannes Felscher (Bass) und Glenn Zaleski (Piano), tatsächlich das erste in der Original-Besetzung ist.

Wiening hat das Quintett zu Zeiten ihres Masterkonzerts an der New York University in 2014 zusammengestellt, da lebte sie schon zwei Jahre in der Metropole an der amerikanischen Ostküste. Als sie als Teenager mit dem Schlagzeugspielen begann, war der amerikanische Jazz ein bedeutender Bezugspunkt für die Musikerin. Im letzten NYU-Jahr war der Vibrafonist Stefon Harris ihr Lehrer, unter anderem im Fach Komposition. Harris hat ein harmonisches Konzept entwickelt, bei dem jeder Ton mit einem Gefühl verknüpft ist. Für die junge Schlagzeugerin aus Deutschland war dieses Konzept ein Aha-Erlebnis. Und mit der Harmonik von Guillermo Klein, der sie ebenfalls unterrichtete, hat sie ein Gefäß an die Hand bekommen, in das sie ihren dann gleichermaßen emotionalen wie intellektuellen Modern Jazz fließen lassen konnte.

Auch wenn für die Schlagzeugerin seit 2019 Köln Arbeits- und Lebensmittelpunkt geworden ist, so bleibt New York weiterhin die Referenz für Wienings Jazz – auch und gerade deshalb, weil sie mit ihrem amerikanischen Quintett zusammenspielt. Schon zuvor war sie mit ihren Musikern ausgiebig und oft auf Tournee; drüben in Nordamerika ebenso wie in Europa. Noch kurz vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie im März 2020 entschloss sich Wiening dann, erneut mit ihrem Quintett ins Studio zu gehen – diesmal wählte sie die River Studios in Köln während einer dreiwöchigen Europatournee.

Das Zusammenspiel der fünf Musiker*innen ist auf Future Memories in seiner antizipatorischen Haltung selbstverständlicher geworden, weshalb die fünf noch intuitiver miteinander umzugehen wissen und ihre Improvisationskunst eloquent phrasierend, ausdrucksstark gestalten können. Wienings ursprüngliches Konzept der „emotionalen“ Harmonik und Melodik ist weiterhin bestimmend und präsent für die Improvisation – dennoch hat sich einiges verändert. „Auf unseren Tourneen sind wir fünf lange zusammen“, so die Schlagzeugerin. „Dabei sprechen wir in unserer freien Zeit häufig über Musik. Diese Gespräche fließen natürlich auch in den Soundcheck vor einem Konzert ein, bei dem wir gerne frei improvisieren. Den nehme ich oftmals auf, um mir spätere Inspirationen zu holen für neue Kompositionen.“

Diese Methode Wienings, ihre Musik passgenau auf die Mitglieder ihrer Band zu schreiben, hat nach sieben Jahren aus dem Projekt Mareike Wiening Quintet eine kooperative Gruppe werden lassen. In dem Moment, in dem die deutsche Bandleaderin eine Komposition fertig geschrieben hat, gibt sie diese zur Bearbeitung durch Zaleski, Perry, Goodman und Felscher frei. Dieser kreative Prozess ist dann auch verantwortlich dafür, dass Wienings Modern Jazz stets per se unter Spannung gesetzt wird – rhythmisch ebenso wie harmonisch und melodisch. Das hat dazu geführt, mit der Kombination von Piano und Gitarre eine neue Stimme zur Hand zu haben. Einerseits setzt Wiening die Gitarre als weiteres Melodieinstrument neben dem Saxofon ein, andererseits haben sich Goodman und Zaleski so gut kennengelernt, dass sie ihre Akkorde ad hoc in pralle Tontrauben vergrößern. „Alex und Glenn haben ihren eigenen Weg gefunden, sich einzubringen, ohne dass sie sich in die Quere kommen“, so Wiening.

Einige Stücke der Platte sind von Orten inspiriert, die Wiening entweder zusammen mit ihrem Quintett besucht hat oder für sie persönlich von Bedeutung sind. „Northern Sail“ zum Beispiel bezieht sich auf Norwegen, wo Wiening ihre Kindheit verbracht hat und noch heute oft im Sommer ist. „Dieses Gefühl von Freiheit und der Verbundenheit mit dem Wasser und der Natur sind so speziell und ein willkommener Ausgleich zu dem oft hektischen Großstadt-Leben“, so Wiening. „Das zeigt sich auch in der Musik: Das Ostinato am Anfang symbolisiert den Wind und die Wellen des Meeres, während die Melodie entspannt darüber gleitet und dem Zuhörer ein Gefühl von ,kein Stress, keine Sorgen, einfach schauen‘ gibt.“

Oder „El Escorial“, das auf ein Konzert von Wienings Band in einem Dorf in der Nähe von Madrid zurückgeht. Wegen eines Folklore-Festes war der Ort erfüllt von Musik und Tanz. „Mein Ziel war es, einige spanische Rhythmen, die ich auf die Instrumente meiner Band aufteile, zu adaptieren. Entsprechend ist die Stimmung des Stücks etwas ,chaotisch‘ und dissonant, aber stets auch groovig.“

Das Album ist geprägt von der Distanz. „Anders als bei der Entstehung von Metropolis Paradise, habe ich beim Komponieren für Future Memories nicht mehr in New York gelebt,” erklärt Wiening. „Ich hatte meine Band mit der ich vor 2019 regelmäßig in New York geprobt und gespielt habe und Sachen ausprobieren konnte nicht mehr ständig vor Ort. Nun musste ich mir meine Band, den Sound, die unterschiedlichen Charaktere vorstellen, quasi ‚aus dem Kopf heraus’ komponieren. Erst auf Tour konnten wir richtig an den Kompositionen arbeiten und diese entwickeln.” In „An Idea is Unpredictable” hat die Musikerin vor allem ihren Umzug zurück nach Europa verarbeitet und den Wiedereinstieg in das deutsche Leben.

Das Titelstück „Future Memories“ ist als Ballade ein Feature für den Saxofonisten Perry. „Er spielt Balladen wie kein anderer,” erklärt die Schlagzeugerin begeistert. „Das ist alles, was dieses Stück braucht: Richs einzigartige Phrasierung, viel Gefühl und die Kunst, über den Akkorden zu schweben.“

Der Name „Future Memories“ hat aber noch eine andere, philosophische Ebene. Die acht Stücke von Wienings Quintett sind vor der Corona-Krise entstanden, so wie die Studiosession noch vorher stattgefunden hat. Aber auch und gerade deshalb liefert das Album eine Idee davon, wozu improvisierte Musik und Jazz zu leisten imstande sind: nämlich einen imaginären Zeitpunkt in der Zukunft festzusetzen, von dem aus die Gegenwart als etwas bereits Vergangenes reflektiert werden kann. „Meine Band ist über die ganze Welt verstreut, wir leben in unterschiedlichen Zeitzonen und sind getrennt voneinander“, so Wiening. „Aber unser Zusammenhalt in der Vergangenheit, das gemeinsam Erlebte und unsere Musik werden uns durch die schwierige Gegenwart bringen. Wir werden positiv bleiben.” Das scheint in turbulenten Zeiten wie diesen notwendiger denn je zu sein.

Diskographie

  • Future Memories, 2021
  • Live at Bird’s Eye Basel, EP, 2020
  • Metropolis Paradise, 2019
  • Free At Last- From Martin Luther to Martin Luther, 2018
  • Crosswalk, 2014

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