Maria Baptist

Maria Baptist Photo
Maria Baptist, Photo: Maria Baptist Music

Biographie

Maria Baptist (* 30. August 1971 in Berlin) ist eine deutsche Musikerin (Pianistin, Komponistin, Dirigentin) und Hochschulprofessorin.

Etwas Magisches liegt in dem Spiel von Maria Baptist. Ihre Hände tanzen über die Tasten. Wenn Baptist musiziert, kann man die Augen nicht von ihr lassen, von ihren Bewegungen, die ganz natürlich jeden Ton mittragen. Sie lockt ihre Hörer in Welten außerhalb des Konzertsaales. Im Geiste entstehen großformatige musikalische Bilder voll verschiedener Stimmungen und Gefühlszustände. Es sind nicht Baptists atemberaubende Improvisationen, gar pianistische Herausforderungen, die sie so verblüffend mühelos meistert oder ihre schier eindrucksvolle Gradwanderung zwischen songhaft eingängiger Musik und avantgardistischen Klängen, die Kritik und Publikum bei jedem ihrer Auftritte gleichermaßen so an ihr faszinieren: Vor allem lebt Baptists Kunst von ihrer unverwechselbaren Persönlichkeit, ihrer absoluten Hingabe an den Augenblick, ihrer Energie und Wahrhaftigkeit. Wer genau hinhört, wird Anklänge an Bach, Bartók oder gar an Tyner, dann wieder an Evans und natürlich an Jarrett finden, um im nächsten Moment zu begreifen, dass es sich ganz und gar um Baptist handelt.

Die brennende Leidenschaft für den Jazz, die in vielen von Baptist‘s Worten durchklingt und beim Sprechen aus den Augen blitzt, liegt in ihrer privaten Geschichte begründet. Das Talent wird ihr gleich dreifach in die Wiege gelegt, zwei komponierende Großväter und ein klavierspielender Vater. 1971 in Ost-Berlin geboren, übt die freiheitsliebende Improvisationskunst schon früh eine starke Anziehung auf die Klavierstudentin aus – weil der Jazz seinerzeit nicht so ganz ins politische System passt, ist dies zunächst eine Liebe mit Hindernissen. So kursierten Platten von Jazz Größen wie Keith Jarrett und Dave Brubeck nur unter der Hand.

Als die Mauer fällt, zieht es Baptist geradewegs in die Metropole New York, wo sie mit einem Stipendium an der renommierten New School University ihr Studium fortsetzt. „Inspiration, Lebendigkeit, Freiheit, Kreativität, Herausforderungen - alles was mir im Leben wichtig ist, mich als Künstlerin antreibt, meine Sehnsüchte nährt, mich tief berührt, habe ich in New York gefunden.“ So Baptist über ihre vielleicht prägendste Zeit. In New York trifft Baptist auf Maria Schneider, die zu einer wichtigen Mentorin, zum großen künstlerischem Vorbild und engen langjährigen Vertrauten wird. Mitte der 90er Jahre kehrt Baptist nach Europa zurück und gewinnt zahlreiche Preise und Wettbewerbe, während sie noch ein Studium der klassischen Komposition an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin an- und abschließt. Der rbb war schon zum Beginn ihrer Karriere von Baptist überzeugt und koproduzierte ihre Debüt CD Crazy Dreams im Jahr 1998.

Die zunehmende Vielfalt von Baptists künstlerischem Schaffen über das letzte Jahrzehnt hinweg, entziehen sich einer einfachen Beschreibung. Ihre Musik erschließt so viele Bereiche, dass man fast vergessen könnte, dass dies alles von derselben Frau kommt.

Mit ihrem klassischem Klaviertrio tourt Baptist intensiv durch Europa und erspielt sich ein stetig wachsendes Publikum. Die „überaus eigenständige Pianosprache ihres Trios“ (AAZ), ist auf vier von den Kritikern bejubelten Einspielungen dokumentiert: Crazy Dreams (1998), Music for my Trio (2005), Spring in Berlin (2010) und Gate 29 (2012).

Gleichzeitig arbeitet Baptist als Dirigentin und Komponistin mit renommierten Big Bands wie der NDR-, hr-, Reykjavik- Big Band oder dem Budapest Jazz Orchestra zusammen. City Grooves (2011), Baptists ECHO nominiertes Jazz Orchester Debüt, erhebt sie in die vorderste Liga der Big Band Komponisten, „jetzt kommt ein weiterer starker Konkurrent, Maria Baptist, deren musikalische Sprache wohl die Klarste ist, seit Grammy-Gewinnerin Schneider die Szene aufwühlte“(allaboutjazz).

Das renommierte DOWNBEAT Magazine schreibt im Zusammenhang mit dem Album von „Baptists musikalischem Instinkt, harmonischer Intelligenz und kompositorischer Phantasie“, welche die „Ästhetik der europäischen Tradition mit dem amerikanischem Jazz Verständnis verbindet“. Die Einspielung erschien als Neuauflage unter dem Namen Music for Jazz Orchestra (2013) zusammen mit einem Live Mitschnitt vom Jazz Fest Berlin und den Original Partituren von Baptist.

Dem gegenüber stehen mehrere der Klassik verbundene Zusammenarbeiten, wie Baptists beispiellose Einspielung von Schönbergs „Pierrot Lunaire“ mit Jazz Improvisationen im Geiste seines Schöpfers. Herauszustellen ist Baptists Album „Episodes“ (2013) für Klavier und Streichquartett, mit dem Baptist „der Brückenschlag zwischen dem Vokabular des Jazz und dem der Kammermusik gelingt“ (rbb). Ihre Klangsprache will sich in keiner Schublade ablegen lassen, sie sucht nicht nach griffigen Schlagworten wie Jazz oder Klassik. „Beim Komponieren folge ich meiner inneren Stimme, meinem individuellem Ausdruck. Ich schöpfe aus meinen musikalischen Wurzeln und löse mich zugleich wieder von ihnen.“

Darüber hinaus widmet sich Baptist dem Piano Solo Spiel. Ihr Album Self-Portrait (2014) und die sich anschließende Tournee durch 25 Städte in 3 Ländern Europas, dürfte der bisherige Höhepunkt von Baptists eindrucksvoller Karriere sein. Self-Portrait hat für Baptist eine viel tiefere Bedeutung als nur ein Albumtitel zu sein. Mit ihrem musikalischem Selbstportrait gibt sie einen tiefen Einblick in ihr Innerstes. „Wenn ich mich an den Flügel setze, versuche ich mich zu leeren, um mich ganz dem Moment hingeben zu können.“ Näher dran an Baptists Pulsschlag, der mit jedem Ton mitschwingt, kann man nicht sein. Es war kein Zufall, dass sich Baptist New York für ihre Aufnahmen aussuchte, schließlich verbrachte sie an diesem Ort, der mittlerweile zu einem zweiten Stück Heimat geworden ist, die vielleicht prägendste Zeit in ihrem Leben. „Ich habe diese lebendige, urbane Energie und sehr vertraute Atmosphäre in New York für meine Aufnahmen gesucht.“

Bei all diesem verschiedenartigen Schaffen bleibt Baptists eigene Handschrift stets unverkennbar.

Als Professorin der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin unterrichtet Baptist ihre eigene Kompositions-, Arrangier- und Improvisationsklasse und hält Masterclasses unter anderem an der Academy of the Arts Reykjavik, an der Franz-Liszt-Musikakademie Budapest, der University of Stellenbosch, der Hochschule für Musik und Theater in München und Hamburg sowie der Filmhochschule Potsdam. Baptist pendelt aktuell zwischen Berlin und ihrer Wahlheimat New York.

Aktuelles Album

Maria Baptist - Jan von Klevitz - Facing Duality

Maria Baptist - Jan von Klevitz - Facing Duality

Maria Baptist - piano
Jan von Klewitz - sax

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Maria Baptist & Jan von Klewitz - CD Facing Duality oder die Kunst des Duos

Der Titel der CD verrät die musikalische Absicht des Projektes. Die Dualität von sich gegenseitig beeinflussenden Kräften einer musikalischen Welt kreativ zu machen. Zwei Instrumente, zwei Persönlichkeiten sollen genügen: Der Flügel von Maria Baptist und das Altsaxofon von Jan von Klewitz. Der Rest ist Zauber, Inspiration und ein wenig Geheimnis. Nun, funktioniert solch ein hoher künstlerischer Anspruch? Der Berliner an sich würde beim Hören der CD sagen: Da kann man nicht meckern! Das wäre dann das höchste Lob, das nicht zu übertreffen wäre. Für Nicht-Berliner sind weitere Ausführungen sinnvoll. Los geht´s.

Kompositionen
Die CD beinhaltet vertraute Titel, die überwiegend als Balladen dargeboten werden und aus vorherigen Alben der Maria Baptist Big Band und der jüngsten Solo-CD stammen, aber auch neue Kompositionen. Wie gewohnt sind alle Titel vorzügliche Werke, die durch ihre musikalische Substanz wirken. Demzufolge können die Titel sowohl von einer großen Formation (Big Band), als auch von einem Duo überzeugend gespielt werden, was hier zutrifft.

Rhythmus
Beim ersten Hören fällt sofort auf: Die ungeheure rhythmische und dynamische Präsenz der Musik überfällt den Hörenden, gnadenlos. Da steckt großer Sound in nur zwei Instrumenten, die zeigen wollen, dass zwei begnadete Musiker dem Sound einer Big Band nahe kommen können. Das Piano von Maria Baptist allein ist schon eine „Big Band Light“. Rechte und linke Hand beeinflussen sich permanent, schlagen raffinierte harmonische Akkorde, ergehen sich in vertrackten melodischen Linien, spielen sich unbändig frei (Midnight Rain) und kommen wieder zum Motiv des Titels zurück. Nun, das mag zum gehobenen Handwerk von hervorragenden Jazz-Pianisten gehören, aber diese souveräne Leichtigkeit mit Tiefgang, die auf Facing Duality zu erleben ist, fasziniert und genügt höchsten Ansprüchen. Das trifft auf alle Titel zu, aber besonders auf: Facing Duality, Minotaurus, Sea of Blackness, Gratitude, Cloud 9, Longing.

Melodie & Harmonie
Wohlgefällige Melodielinien (Natural Landscape, Minotaurus, Midnight Rain, Cloud 9) stellen einen Titel vor, entwickeln ihn, variieren das Motiv. Die Stücke geben dem Partner die Freiheit, aus dem kompositorischen Material etwas höchst Eigenes zu machen. In diesen Themen steckt das ganze Spektrum der musikalischen Möglichkeiten, die solistisch und improvisatorisch ausgekostet, ausgelebt werden. Das gilt nicht nur für das Spiel der eigenen Person, sondern gleichermaßen für den korrespondierenden musikalischen Partner – von Angesicht zu Angesicht.

Spielweise & Improvisationen
Die Titel sind kompakt, dabei so offen strukturiert, dass kompositorischen Teile mit Improvisationen, die sich als ergänzende oder widerstreitende Passagen ablösen, mitunter kaum zu unterscheiden sind. Stets gibt es etwas neues, etwas anderes zu entdecken. Das ist die Kunst des Duos im Jazz, die hier auf Facing Duality auch hervorragend aufgenommen ist.

Nicht selbstverständlich, aber die Adaption eines Themas, die Variation der Ideen, bewegt sich durch die Spielweise des Altsaxofonisten Jan von Klewitz auf gleicher Augenhöhe mit der seiner Partnerin. Der Man am Altsax ist mit seinen Intonationen, seinen klar strukturierten Soli, seiner expressiven Emotionalität ein kongenialer Partner. Zu hören ist das auf allen Titel. Überhaupt verfügen alle Stücke über eine hohe Emotionalität in ihren musikalischen Aussagen, die sich direkt überträgt. Balladen zum Schwelgen, zum Träumen, zum In-sich-Versenken. Da kann man nicht meckern, frau auch nicht: Premium Liga!

Text: Cosmo Scharmer

Diskographie

  • Maria Baptist & Jan von Klewitz - Facing Duality, 2020
  • Here & Now 2, 2019
  • Resonance, 2018
  • Maria Baptist Trio plus One - Poems Without Words, 2017
  • Maria Baptist Orchestra - Here & Now, 2016
  • Maria Baptist Piano Solo: Self-Portrait, 2014
  • Maria Baptist Piano & String Quartet: Episodes, 2013
  • Maria Baptist: Music for Jazz Orchestra, 2013
  • Maria Baptist Trio: Gate 29, 2012
  • Maria Baptist Trio: Spring in Berlin, 2010
  • Maria Baptist Trio: Music for my Trio, 2006
  • Maria Baptist Trio: Crazy Dreams, 2000
  • Maria Baptist & Bundesjazzorchester: City Grooves, 2011
  • Maria Baptist und Telmo Pires: Sinal, 2009
  • Opus 21 - Arnold Schönberg: Pierrot lunaire plus Jazz Interludes by Maria Baptist, 2007
  • Maria Baptist Piano Solo: Sometimes Alone, 2005

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